Brief der 16-jährigen Josepha von Rossi an ihre Mutter

 

Ergänzung zu "Steyr, Garsten, Gleink im Josephinischen Klostersturm" S. 229:

 

Einen schlaglichtartigen Einblick in die Lebens- und Gedankenwelt einer jungen Novizin des Annunziaten-Cölestinen-Klosters von Gries (Bozen) gewährt ein Brief der 16-jährigen Josepha von Rossi an ihre Mutter, in dem sie den 3. September 1735 als den Tag ihrer Profess mitteilt. Es ist ein sehr persönliches Zeugnis einer Frau, von der nur wenige Spuren erhalten blieben, und zugleich eine Erinnerung an ein Kloster, das nicht mehr existiert und wie das Cölestinen-Kloster in Steyr ebenfalls dem "Josephinischen Klostersturm" zum Opfer fiel.

 

Brief der Maria Josepha Hyacinta Rossi, Orden der Annunziaten Coelestinen in Gries (Bozen), an ihre Mutter Maria Anna Caterina Rossi de Sancta Juliana geborene von Albrecht

 

 

I.M.A.

 

Ihro gnadten

 

Hoch edl gebohrne gnedige frau frau

 

Das lieb volle herz Jeßu vnd Maria sei das orth vnßerer rueh, in khindlicher vnterthenigkheit kohmb ich in den geist zu dem fießen ihro gnadten, vmbfange selbe mit dem armben meines vor lieb verwunden himblischen breitigamb, vnd bite demietig vmb den heiligen mieterlichen sögen, die große freid meiner sellen ist, die vrsach das ich mehr mallen ihro gnaden belestige, an durch auch einigen antheill meines trosts zu machen. Erstlichen aber bite ich ihro gnaden auf den 3 sebtember vmb ein heilige mösß dardurch die große gnad vnd barmherzigkheit von gott vnd Maria zu erlangen, nach wölichen mein sell schon solang, vnd vnaufhörlich seifzet, nemblichen die vollkhomene versicherung, meiner heiligen profession, mich mit gott ewig zu verbinden, nicht das ich es verdiene, sondern allein hoffe auf die alzeit gögen mir unwirdigen getragene lieb vnd gietigkeit, meiner lieben oberen, vnd mitschwösteren das sie mir an obemelten tag, gleichsamb die lößte gnad verspröchen, mein löben vnter ihrer gesöllschaft zue briengen, zu khenen. Ihro gnaden sag ich auch fueß föhlig, demiethigen auß kindlichem herzen, taußent vnd taußent vergelts got, vmb alle mieterliche lieb, sorg vnd trey, so selbe zeit meines ganzen löben erwissen, aniezto erkhen ich es erst recht wie gueth sie es mir gemeint, wintschet mir es bößer zu nuzen gemacht, zu haben bite auch vnterthenig vmb verzeichung vor alle so ville vndanckbarkheit vnd vngehorsamb, sie wollen es mein vnverstandt zuemößen, es reuet mich alles von herzen, ich erkhen vnd bekhen es dass ihro gnadten die einzige ursach, nach gott vnd Maria, meines so glickhselligen standt, das ich mein vergniegen mit kheinen /

worten genugsamb khonnt an tag lögen. Ihro gnaden lassen sich nit reuen was mich sie auch gehabt versichere das ich nach meiner khindlichen schuldigkeit nit nachlassen zu biten das gott soliches alles taußent föltig an sell vnd leib bezahlen woll, vnd entlichen sich selbst vor mein lohn in die lange ewigkheit göben woll, ist also nicht mehr ibrig alls dass ich gemeß meines standts nach löbe, vnd mich ewiger seidtes wirdig mach mit meinen himblischen breitigamb auf ewig zu vereinigen, von wölichen ich gar weit enfernet, vnd diß ist mein löste demietige bit an ihro gandten mieterlichen giete, das sie mir alle hegst nothwendige gnadt von den lieben gott, vnd dößen jungfreiliche mueter Maria erbiten vnd gleichwie sie haben angefangen, bestendig ihre mieterlichheidt von sell vnd leib nit wollen abziechen, anbei ich mich vnd mein liebes closter zue dero hochen gnadt vnterthenig empfelche,

 

Ihro gnadten

 

vnwirdiges geistliches khindt vnd vor biterin

 

soror Maria Josepha Hyacintha

 

Rossin o. d. A. C. novicin

 

Bozen den 25 august 1735

 

 

P.S.

Mein liebe wirdige mueter mueter novizin meisterin schwöster Maria Rosalia schw. Maria Johann Theresia vnd meine liebe gspanlen laßen sich ihro gnadten demietig befelchen, hab auch vmb erlaubnus von der wirdigen mueter begehrt, das ich ihro gnadten derff vmb ötwas biten, sie hat mir soliches nit wollen zuelaßen, aber weill ich ein betlerin bin hab ich es noch erhalten, vnd ihro gnadten demietig vmb weiße spizlen zu biten thete gehrne auf Maria geburt die mueter gottes darmit bekhleiden, wan ihro gnadten die giete hötten, vnd selbige das negstemall herunterschickhten, bite ihro gnadten and den Morandl (?) befelch abzulögen.

 

(http://www.provinz.bz.it/kunst-kultur/landesarchiv/archivale-des-monats.asp?news_action=4&news_article_id=420826)